Vorauswissendes Lesen, Sprachschaum und ein ö

Wer einst mit der heute vergessenen Ganzsatz-Methode lesen lernte, macht aus dem ersten Blick auf eine Buchstabenkombination gleich etwas Sinnvolles. Manchmal ist das sinnvoller als das, was wirklich dort steht – freilich nicht immer.

Heute kam mir ein Bus entgegen. Kein Linienbus, die Anzeige lautete: Schubs. Meinte „mein prophetisches Gemüt“ (Hamlet). Ein paar mehr Buchstaben waren es denn doch: Schulbus. Ein Vehikel, das Kids zur Schule schubst. Leichter fällt die Assoziation, wenn man an das berüchtigte busing in den 1970er-Jahren in den USA denkt. Rassenintegration dadurch, dass „schwarze“ Kinder zu Schulen in „weißen“ Wohngebieten gekarrt wurden und umgekehrt. Die Kids durften nicht dort zur Schule gehen, wo sie wohnten. Kein so doller Erfolg.

In einem anderen Zusammenhang kündete mir dieses prophetische Gemüt von einem „angeschimmelten Star“. Das waren nun wieder zwei Buchstaben zuviel. Aber irgendwie, fand ich . . . hatte das was.

Mehr oder minder heimlich hoffe ich, dass so manch anderer Trend im Lesen und Schreiben auch einfach vergessen wird.

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Sprachschaum: a lot of hot air

In deutschen Institutionen wird immer mehr Englisch geschrieben, und das bekommt yours truly manchmal zum Lektorieren oder zum Übersetzen ins Deutsche.
Wenn Deutsche Englisch schreiben müssen (oder zu müssen glauben) und DAS dann ins Deutsche übersetzen lassen – statt in ihrer Muttersprache zu schreiben, sodass man versteht, was sie eigentlich meinen, und professionell ins Englische übersetzen zu lassen – dann kommt auf die Übersetzerin doppelte Arbeit zu. Sie muss sich entscheiden zwischen dem, was der Autor wahrscheinlich gemeint hat, und dem, was er geschrieben hat – und was oft eben nicht funktioniert. Englisch kann jeder – meint jeder. Vielleicht, aber kein gutes, korrektes und unmissverständliches Englisch.
Ganz schlimm wird es, wenn solche Autoren es besonders schick machen wollen. Wörter aus einer hohen Stilebene verwenden (leider nicht korrekt), dafür aber nicht einmal die grundlegendste Grammatik beachten, und doppelt so viele Wörter machen wie nötig. So wie Schaum. Es sieht auf den ersten Blick aus, als wäre es Substanz, aber es ist fast nichts. Heiße Luft.

KISS heißt die Devise, keep it simple, stupid. Oder wie eine meiner Lieblingsmütter manchmal sagte: „If you can’t say it properly, keep your mouth shut.“

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Ein kleines ö

Jeder weiß, wie die Hinterlassenschaften von Kaninchen aussehen: Es sind kleine Kügelchen.
Einst hatte ich ein vom Goethe-Institut organisiertes Sprachtandem mit einem japanischen Gastprofessor. Bei einem Ausflug ins Grüne erblickte er eine Ladung solcher Kügelchen und machte mich darauf aufmerksam: „Kanönchen!“