Charakter: Senf

Ständige Ausstellung im Münchner Stadtmuseum: „Typisch München“. Und jetza schaugst:

Eine Anekdote von meinem Spanisch-Sprachtandem – einmal wöchentlich trifft man sich, und es wird die eine Hälfte der Zeit Spanisch gesprochen, die andere Hälfte Deutsch. In der deutschsprachigen Hälfte erzählte ich von unseren Hunden. Die Pudeldame hatte ein sanftes Wesen. Nix versteh. Nun fand ich kein spanisches Wort, das diesen Charakter gut ausdrückte, also schlug ich es später nach und schrieb es ihm. Antwort: „Ich dachte, du meintest Senf.“

Ein gescheiter Mann, der sich auch für Sprache interessiert, hat einen feinen Begriff für die Aussprache von „er“ geprägt, die eher wie „eä“ oder „ea“ ist: Das „r“ sei ein erodierender Konsonant. Fand ich einfach schick. Weiters meinte er, auch das „t“ sei ein erodierender Konsonant. Beispiel: „das ist alles, was man brauch.“ Nicht wirklich alles, schien uns.
Übrigens, „weiters“ ist ein in Österreich noch gebräuchliches Wort für „außerdem, ferner“.

Schöne Fehler, selbst gemacht:

Wos hi is, is hi (was hin ist, ist hin). Da kannst nur noch kaputtulieren.

Die Sekretärin, ein Phänomen. Oft kommt sie einem intelligenter vor als ihr Chef, insbesondere wenn es um praktische Intelligenz geht. Ich würde mich gar nicht wundern, wenn sie auch ein besonderes Organ hätte. Nein, interessieren würde es mich, deshalb sah ich ein zweites Mal hin, als ich las: „Organ der Sekretärin“. Wieder mal war der Fehler eigentlich interessanter als das Richtige – das Organ der Sekretion.

Hoffen auf ein Wunder

Ein leicht-amüsanter Blogeintrag zu Weihnachten sollte schon sein, dachte ich, aber die Zeit war nicht ganz so, ich habe wenig neues Material.
„Bisschen dürr“, sagte die innere Stimme. Und ich dachte, eigentlich passt „dürftig“ doch besser. Aber man könnte es ruhig „dürrftig“ schreiben, das wäre auch ein Erkenntnisgewinn bringendes Two-in-one.

Und hier die Verleser-Ausbeute der letzten Monate:

Morgens der Rettungswagen vor der Tür, Notarzt, Sirenen zu hören, Drama! Und später am Tag gab es Wein, der hieß – „Blaulicht“?? Nein, Blanchet.

Auf der Fahrt am Bodensee sah ich in oder bei Friedrichshafen ein Schild – Schmuseum. Wie interessant! Eine Schmuse-Anstalt? Ach nein, nur ein Schulmuseum.

Seit Lebensmittel so teuer geworden sind, lohnt es sich, Prospekte mit Sonderangeboten zu lesen. Was gibt es da – Depressionsfrucht (Passionsfrucht) und Genuss für Zahnseide (Zuhause). Immer diese Skepsis, aber es hätten ja Karamellbonbons sein können, sogenannte Plombenzieher.

Und ein richtiger Ausrutscher passierte beim Lesen einer Optiker-Werbung: Glitschigkeit statt Gleitsichtgläser.

Nicht alle Fehler kann man selber machen, aber es gibt ja auch andere, über die man sich mokieren kann. Seit einigen Jahren z. B. die neue Satzendung: „und, ja“. Elaborierter „und von daher, ja.“ Wie wäre es mit „und von daher, sag ich mal, ja.“ Man fragt sich, was damit ausgedrückt werden soll. Und argwöhnt: nichts.

Zum Schluss eines meiner – äh – Lieblingsthemen:
Bei der Polizei gibt es viele, die noch normal sprechen können und wollen. Andere wollen gendern.
„Dann suchen wir jetzt potenzielle Täter.“
„-innen!“
„Aber auch außen.“

Mein Motto für die Weihnachtszeit und das neue Jahr: Hoffen auf ein Wunder.

Nachtrag (eigentlich ein Versprecher)
Mein innerer Dialog sagte gerade: I’ll be glad when this bloody championshit is over.

Vorauswissendes Lesen, Sprachschaum und ein ö

Wer einst mit der heute vergessenen Ganzsatz-Methode lesen lernte, macht aus dem ersten Blick auf eine Buchstabenkombination gleich etwas Sinnvolles. Manchmal ist das sinnvoller als das, was wirklich dort steht – freilich nicht immer.

Heute kam mir ein Bus entgegen. Kein Linienbus, die Anzeige lautete: Schubs. Meinte „mein prophetisches Gemüt“ (Hamlet). Ein paar mehr Buchstaben waren es denn doch: Schulbus. Ein Vehikel, das Kids zur Schule schubst. Leichter fällt die Assoziation, wenn man an das berüchtigte busing in den 1970er-Jahren in den USA denkt. Rassenintegration dadurch, dass „schwarze“ Kinder zu Schulen in „weißen“ Wohngebieten gekarrt wurden und umgekehrt. Die Kids durften nicht dort zur Schule gehen, wo sie wohnten. Kein so doller Erfolg.

In einem anderen Zusammenhang kündete mir dieses prophetische Gemüt von einem „angeschimmelten Star“. Das waren nun wieder zwei Buchstaben zuviel. Aber irgendwie, fand ich . . . hatte das was.

Mehr oder minder heimlich hoffe ich, dass so manch anderer Trend im Lesen und Schreiben auch einfach vergessen wird.

. . .

Sprachschaum: a lot of hot air

In deutschen Institutionen wird immer mehr Englisch geschrieben, und das bekommt yours truly manchmal zum Lektorieren oder zum Übersetzen ins Deutsche.
Wenn Deutsche Englisch schreiben müssen (oder zu müssen glauben) und DAS dann ins Deutsche übersetzen lassen – statt in ihrer Muttersprache zu schreiben, sodass man versteht, was sie eigentlich meinen, und professionell ins Englische übersetzen zu lassen – dann kommt auf die Übersetzerin doppelte Arbeit zu. Sie muss sich entscheiden zwischen dem, was der Autor wahrscheinlich gemeint hat, und dem, was er geschrieben hat – und was oft eben nicht funktioniert. Englisch kann jeder – meint jeder. Vielleicht, aber kein gutes, korrektes und unmissverständliches Englisch.
Ganz schlimm wird es, wenn solche Autoren es besonders schick machen wollen. Wörter aus einer hohen Stilebene verwenden (leider nicht korrekt), dafür aber nicht einmal die grundlegendste Grammatik beachten, und doppelt so viele Wörter machen wie nötig. So wie Schaum. Es sieht auf den ersten Blick aus, als wäre es Substanz, aber es ist fast nichts. Heiße Luft.

KISS heißt die Devise, keep it simple, stupid. Oder wie eine meiner Lieblingsmütter manchmal sagte: „If you can’t say it properly, keep your mouth shut.“

. . .

Ein kleines ö

Jeder weiß, wie die Hinterlassenschaften von Kaninchen aussehen: Es sind kleine Kügelchen.
Einst hatte ich ein vom Goethe-Institut organisiertes Sprachtandem mit einem japanischen Gastprofessor. Bei einem Ausflug ins Grüne erblickte er eine Ladung solcher Kügelchen und machte mich darauf aufmerksam: „Kanönchen!“

Weihnachtsgruß – ein Buchstabe mehr oder weniger

Kurz vor Weihnachten wurde ein Riesenjob fertig; alles andere war über viele Wochen liegen geblieben. Jetzt aber dringend die Wohnung putzen und Mails mit Weihnachtsgrüßen schreiben:
„Ich hab’s noch geschafft, gründlich zu sauen.“
Das hätte ich auch ganz gern gemacht, aber wir haben Corona und müssen vorsichtig sein.
„Es ist mir zu riskannt“, schrieb jemand. Freile, da kannt fei wos bassiern.

À propos Bayern, hier etwas Aufgeschnapptes: „America First, Bavaria Förster!“

Und erkennen Sie dieses Two-in-one: „Da kümmert sich kein Hahn drum“?
Gewöhnlich kümmert sich ein Hahn eigentlich eh um nichts, außer um seine Hennen. Denen kräht er nach.
Aber dieser sprachliche Kunstgriff ist ein besonderes Talent von Herrn Dr. Schröder, das die Welt dringend braucht. Extra für Sie, weitere neue Glanzpunkte:
            „Der hat doch noch Grünspan hinter den Ohren“
            „Nicht gleich das Handtuch ins Korn werfen“
            „Kettenschwanz“ (Kettenreaktion + Rattenschwanz)
            Und die Krönung: „Du wirkst viel jünger, als Du aussiehst“ . . .

Vielen Dank.

Weihnachten, Friede auf Erden, naja. Ein Geflüchteter, der bei uns Grabpfleger geworden ist, hat aber etwas Bedenkenswertes dazu zu sagen: „Muslim, Katalog, Evangelische, alles gleiche.“

Ballerdings!
Oops, wieder ein Buchstabe zu viel. Beziehungsweise: Hoffentlich gibt es ein Silvester ohne Ballern und Böllern.

Fröhliche Weihnachten – trotz allem. Und PX, pleims xund.

Gendern – ohne mich

Kann es sein, dass Corona humorlos macht?

Wenn einem liebe Menschen wegsterben, die Arbeit, das Einkommen wegbleibt – schon erst einmal. Umso notwendiger ist es, sich hier und da durch Lachen zu erleichtern, wenn es richtig schlimm ist. Diesem Drang (und den Faxen seiner Nebensteherin) ist bei der Szene, die ihm noch immer als Missachtung um die Ohren geknüppelt wird, auch der unglückselige Laschet erlegen. Und die Knüppelschwinger dem Drang, in dieser miesen Situation jemanden zu strafen.

Dennoch, gestern konnte ich vor lauter Lachen kaum atmen, als ich Herrn Dr. Schröder von meinem neuesten Lesefehler berichten wollte: Ankündigung einer Fernsehsendung mit dem Titel „Schnuller als der Tod“. Das mag nicht jeder komisch finden, aber in der Not . . .

Wie geht es Ihnen bei dem Titel? Finden Sie ihn vielleicht politisch inkorrekt, babyfeindlich? Vermissen Sie ein Sternchen, „*innen“?

Versprochen: So etwas werde ich nicht absondern. Diese Genderei ist im Ergebnis sexistischer als das generische Maskulinum.

Aus meiner Zeit in der philosophie- und theologiegeschichtlichen Frauenfor-schung weiß ich, dass das generische Maskulinum natürlich eine patriarchalische Entwicklung ist. Aber ich habe es trotzdem lieber, als bei jedem, aber auch jedem Thema auf meine Weiblichkeit verwiesen – und reduziert zu werden. In erster Linie bin ich ein Mensch. Lang genug hat es gedauert, in unserer Gesellschaft die Gleichstellung von Mann und Frau durchzusetzen (gut, da fehlt noch einiges), die in manchen, auch bei uns gelebten Kulturen/Religionen noch so viel ferner ist. Warum muss die Sprache obendrein sexualisiert werden, nachdem sie durch Denglisch, Türkdeutsch, Kürzel-Wucherung und Rechtschreibschwund ohnehin schon verunstaltet ist?

Hinzu kommt das immer weitere Auseinanderklaffen von vorgeschriebener Respektsbekundung und gelebter Missachtung: In der Schulstunde wird gegendert; auf dem Pausenhof wird Splatter und Hardcore-Porn geschaut.

Aus emanzipatorischen wie aus ästhetischen Gründen: Gendern – ohne mich.

Dolmetschen – lieber nicht im Pool

„Unformationen“ vom Dolmetscherpool
Da hatte ich gedacht, mich in einen Dolmetscherpool aufnehmen zu lassen, aber wie sich zeigte, ist dieses Kollektiv für mich ungeeignet (vorsichtig ausgedrückt). Ich bin Freiberuflerin, und die erste Silbe bedeutet etwas. Also bedankte ich mich höflich – beim zweiten Versuch für die Informationen, mit „I“ am Anfang. Man muss nicht immer alles zum Ausdruck bringen, was man denkt.

Auch beim Lesen mache ich Fehler, die eine tiefere Wahrheit zeigen, z. B. beim Thema des 9. Thales-Forums: „Müdigkeit neu denken: Wieviel Digitalisierung ist genug?“ Mir reicht sie jetzt schon, ich bin ihrer müde, aber tatsächlich stand da „Mündigkeit“. Wie beim Forum zu erfahren war, hatten auch andere „Müdigkeit“ gelesen.
Und was offenbart sich, wenn ich statt „Saugfalle“ „Saufgalle“ lese? Dass ich mir unter dem einen nichts vorstellen kann und unter dem anderen wenigstens etwas Falsches.
„Frauchen ist tödlich“ auf Zigarettenschachteln an der Supermarktkasse: Mit Hunden habe ich’s eher als mit Zigaretten. Aber man stelle sich die Dame mal vor, das tödliche Frauchen.

Nun ist unsere Vorstellungskraft warmgelaufen. Und freut sich an der Anzeige „Erde aus Hochbett zu verschenken“.
Das hat mich dann schon interessiert. Hochbetten sind ja sehr im Trend, wie es scheint, aber wer schläft denn in Erde? Und warum wird die dann verschenkt, möchte der Besitzer frische Erde haben oder es gar mit einer Matratze versuchen?

Abgesehen davon: Dinge, die man nicht mehr braucht, zu verschenken, das hat Zukunft. Also unabhängig von Weihnachten.

Jemand hat übrigens ein Telefon zu verschenken, das nicht schnurrt. Ob das ein Vorteil oder ein Nachteil ist – weiß nicht.

Frohe Weihnachten, und kommen Sie gut ins neue Jahr, ohne Ausrutschen!